Gundermann ist ein Narr ohne Zynismus. Er durchschaut die Widersprüche und Grausamkeiten der Welt und der Gesellschaft, aber anders als ein Eulenspiegel lacht er nicht darüber, sondern empört sich. Sein heiliger Zorn zwingt ihn, Ungerechtigkeiten nicht hinzunehmen, sondern dagegen zu kämpfen. Wer in der Welt Änderungen erreichen will, braucht Macht. Macht zu erringen bedeutet schuldig zu werden. Der junge Gundermann steckt die Pistole des Vaters in die Hosentasche, stolziert so durch die Stadt und fühlt sich mächtig. Sein Held Gagarin brauchte das nicht: er schwebt in seiner Umlaufbahn um die Erde, alles bewundert ihn, doch er musste nichts gegen jemand anderen durchsetzen. Gundermann aber will die Kohleförderung und den Arbeitsschutz verbessern, fleißiger Proben, bestattet tote Hasen und pflegt verletzte Igel. Das Problematische daran ist Gundermann bewusst. „Aber wenn Du dich einmal darauf einlässt, dass dir die Dinge nicht egal sind – du kommst nicht mehr zur Ruhe.“ Mehr als das: er wird sich verstricken. Entschuldigung und öffentliches Schuldeingestehen lehnt Gundermann ab: „Leidtun ist Kokolores.“
Die Inszenierung des TheaterKorona aus Leipzig ist keine Suche nach dem Privatmenschen, sondern eine Auseinandersetzung mit der öffentlichen Figur Gundermann: dem Sänger und Narren, dem Poeten und Provokateur. Zwei Schauspieler und zwei Musiker suchen Gundermann in Texten, Songs, im Theater mit Figuren, mit Licht und Schatten.
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