lautten compagney BERLIN – Singen in Gedanken

Ein Programm zum musikalischen Salon der Rahel Varnhagen

Die lautten compagney BERLIN

Im Salon der Rahel Varnhagen gingen Dichter, Politiker und Naturforscher wie die Brüder Humboldt, Heinrich Heine oder Fürst Pückler-Muskau ein und aus. Weit über Berlin hinaus waren ihre Empfänge nicht nur berühmt, sondern auch berüchtigt für den freien Geist, die gewitzte Schlagfertigkeit und den gefürchteten Zynismus der Gastgeberin. Weniger bekannt ist allerdings, dass die Literatin auch musikalisch überaus gebildet und in der Berliner Bachtradition großgeworden war: „Mein Musikunterricht bestand in lauter Musik von Sebastian und allen Bächen und der ganzen Schule.“

Diese frühe Liebe zu den „Bächen“ hielt die Varnhagen nicht davon ab, die Wiederaufführung der Matthäus-Passion 1829 scharf zu kritisieren. Die Chöre seien „langweilig“, der Text „bizarrst“ und veraltet. Die Musik J.S. Bachs, „des großen Architekten in Urproportionen“, könne sie nur ohne Worte ertragen. Er sei zwar „immer sublim, und unterhaltend, wenn er dem Impuls seiner Eingebungen folgt. Nicht aber, wenn er Texte (...) bemusikt.“ Ohne jeden Zweifel wäre Rahel Varnhagen ein Fan des Projekts „Bach ohne Worte“ gewesen, das die Musiker:innen der lautten compagney 2016 vorgelegt haben: „Denn es ist mir ausgemacht, daß Vokalmusik nicht so rein, so himmelsverwandt, so erhaben ist, und sein kann, als Instrumentalmusik.“

In Varnhagens Salon erklang die Musik der „Bäche" daher immer nur instrumental. Singen ließ sie vor allem die Opern von Mozart und Gluck, aber auch Berliner Komponisten wie Spontini und Righini, die ihr persönlich nahestanden. Unter den jüngeren Komponisten förderte und schätzte sie vor allem Felix Mendelssohn.

In einem moderierten Konzert entdeckt die lautten compagney das Repertoire des Berliner Salons der Rahel Varnhagen neu und stöbert Schätze aus ihrer Musikbibliothek auf, die sich in der Bibliotheka Jagiellonska in Krakau erhalten hat. Dabei zeigt sich im Kontrast zum Witz ihrer stets geistreichen Texte, wie ernst es ihr war mit der „heiligen Musik“: „Gewöhnlich ist Plappern bei mir Behelf für den Abend; und Schmerzenszeichen. Sprech’ ich über Liebe und dergleichen, so kann ich nur scherzen und verkehrt sprechen. Über Musik aber spreche ich nie als im Ernste.“

Die gelesenen Texte basieren auf den erhaltenen Briefen und Tagebuchaufzeichnungen von Rahel Varnhagen. Die dazu erklingende Musik ihrer Zeitgenossen wird ebenfalls in ihren Aufzeichungen geschildert.

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Die lautten compagney BERLIN ist eines der renommiertesten und kreativsten deutschen Barockensembles. Seit mehr als drei Jahrzehnten faszinieren die Konzerte unter der künstlerischen Leitung von Wolfgang Katschner ihre Zuhörer. Ob als Kammerensemble oder als Opernorchester, mit ansteckender Spielfreude und innovativen Konzepten überwindet das Ensemble dabei immer wieder Grenzen und sucht die Begegnung mit neuen Klängen und anderen Künsten.

Das mehr als 35-jährige Ensemble blickt auf eine ausgesprochen reiche und intensive Zeit zurück, in der es wiederholt seine Wandlungsfähigkeit auf höchstem künstlerischen Niveau unter Beweis gestellt hat. Die neueste Selbsterfindung des Ensembles schlägt sich in den bahnbrechenden Repertoire-Kombinationen und intelligenten Wort-Musik-Programmen nieder. So gesehen stellt die lautten compagney auch die Avantgarde des klassischen Musikbetriebs dar: Abseits oft bemüht wirkender Programme mit zeitgenössischer Musik lädt sie ihr Publikum regelmäßig dazu ein, die „Klassische Musik“ neu zu erfahren und Wahrnehmungsschranken zu überwinden.

Margarita Breitkreiz spielte an der Berliner Volksbühne und im Fernsehen: Der Grenzer und das Mädchen mit Axel Prahl, Rosenheim Cops, Polizeiruf 110, Tatort.

Christian Filips ist Schriftsteller, Musikdramaturg und Regisseur. in Berlin-Moabit. Er arbeitete an der Berliner Volksbühne, am Haus der Berliner Festspiele, am Maxim-Gorki-Theater und im Stadtraum von Mumbai und Nairobi. Seit 2007 verbindet ihn eine intensive Zusammenarbeit mit der lautten compagney.