Die Compagnie Freaks und Fremde aus Dresden, im letzten Jahr bei uns zu Gast mit Blind Date und Glück – Eine kurze Geschichte der Menschheit, spielt Lion Feuchtwangers Roman als Figurentheater.
Die Handlung führt uns ins mittelalterliche Spanien. Es sind unruhige Zeiten, das Leben wird von Kriegen zerrissen, obgleich nirgends sonst in Europa die unterschiedlichsten Kulturen so fruchtbar und eng miteinander verbunden waren. Doch das goldene Zeitalter des legendären Al-Andalus ist vorbei. Muslimische und christliche Fundamentalisten stehen sich erbittert gegenüber und kämpfen um die Macht. Im Zusammenspiel von Menschen und Marionetten entsteht ein zeitüberspannendes Tableau, in dem sich Historisches und Märchenhaftes zu Geschichte verweben, in der selbst der Autor in Gestalt einer Puppe den eigenen Faden bis ins Heute weiterspinnt.
Feuchtwanger zeichnet die Bemühungen des jüdischen Kaufmanns Jehuda Ibn Esra nach, ein friedliches, kulturvolles und prosperierendes Kastilien zu entwickeln. Sein Einfluss am Hofe König Alfonsos ist gewaltig. Auch wenn der Herrscher ungehobelt und kriegslüstern ist, so ringt Jehuda ihm doch etliche Zugeständnisse ab, erreicht Unglaubliches für Kastilien und erringt letztlich auch das Vertrauen des Königs. Nicht alle Kräfte in Kastilien sehen das mit Wohlwollen – die politische Lage ist angespannt, Sündenböcke und einfache Antworten werden gebraucht.
Die Liebe zwischen Jehudas Tochter Raquel und König Alfonso, zwischen einer Jüdin und einem christlichen Herrscher, scheint inmitten der politischen Wirren, der Macht- und Glaubenskämpfe auf wie eine Insel der Möglichkeiten. Zugleich bringt sie alles ins Wanken. Als der Krieg schließlich ausbricht, brutal und niederschmetternd endet, sind die Schuldigen schnell gefunden: die Juden. Es endet, wie so oft: tragisch – und die Täter sind die, die wir gemeinhin die „normalen Menschen“ nennen.
Auch der weltberühmte Autor Lion Feuchtwanger musste vor den Nazis aus Deutschland fliehen. Das Spannungsfeld zwischen jüdischer Tradition und moderner Weltauffassung hat ihn in seinem Werk immer wieder beschäftigt. In Die Jüdin von Toledo beschwört er die Kraft der Liebe und des Friedens inmitten kriegerischer Zeiten.
Das Gastspiel im Rahmen des Theateraustauschs Import-Export Ost ist gefördert von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.